Frauen und ihre Gärten (Teil 5)

Frühling in der Stadt

In dieser Jahreszeit produzieren Gärten die unglaublichsten Grüntöne. Überall wiegt sich das Blattwerk in verschiedenen Texturen. Die Blüten explodieren in den Farben Blau, Violett und Weiss.

So auch in Christinas Kleingarten mitten in Zürich, den sie seit über zwanzig Jahren bepflanzt. Früher hat sie sich nur für die Gemüseproduktion interessiert. Blumen waren eher Nebensache. Geschenkte Pflanzen hat sie in den Randbeeten des Gartens eingepflanzt. Auf diese Weise wuchs das Layout ihres Gartens mit der Zeit. Stauden, Kräuter, Beeren und zweijährige Blumen umrahmen die Gemüsebeete auf drei Seiten. 
Mittlerweile kennt sie die Bodenbeschaffenheit  in- und auswändig, weiss welche Gemüsesorten gedeihen und welche nicht. Trotzdem bringt jedes Jahr wieder neue Herausforderungen. 

Christina gärtnert nach dem ‚Trachtensystem‘, der sogenannten Vier-Felder-Wirtschaft. Jährlich rotierend werden die Beete nach der Abfolge, Starkzehrer-Mittelzehrer-Schwachzehrer-Gründüngung vorbereitet und bepflanzt.
In das Beet, auf dem der wunderschön rote Inkarnatklee blüht, werden nach dessen Abraum Starkzehrer wie Peperoni, Federkohl und Palmkohl eingesetzt. Und weil Christina Beeren liebt, kommen Andenbeeren dazu.
Manchmal werden auch Mischbeete angelegt. Wie zum Beispiel das Beet mit den Puffbohnen. Die Pflanze erzeugt kleine Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln, die reichlich Stickstoff enthalten. Dieser verhilft den Starkzehrern Rotkabis, Gurke oder Rande zu besserem Wachstum.

Diesen frühen Frühling (bereits im März) hat die Gärtnerin ein Beet mit frühen Knackerbsen ausgesät. Trotz Abdeckung und zweimaliger Aussaat ist kein einziges Pflänzchen gewachsen. Fehlschläge gehören beim Gärtnern dazu. Freudige Überraschungen gleichen das wieder aus.
Knoblauch pflanzt sie immer wieder an, weil die Gewürzpflanze bestens in ihrem Garten gedeiht, noch nie Probleme gemacht hat und in ihrer Küche gerne verwendet wird.

Christina ist Teil der Setzlingsgruppe des Gartenkollektivs ‚Grünhölzli‘ und zieht dort auch ihre Setzlinge an. Das grosse Gewächshaus sei einfach toll für die Pflanzenanzucht. Das aufwändige zuhause Tomaten- und Zucchetti-Setzlinge vorziehen somit definitiv Vergangenheit.

Generell bemerkt die Gärtnerin schon Veränderungen. Zum Beispiel fressen Schnecken plötzlich Pflanzen an, welche früher verschont blieben oder sogar als Schnecken resistent galten.

«Ich ‚chrampfe‘ gerne im Garten, das gibt mir ein tolles Gefühl.»

In der Mitte des Gartens liegen die beiden mit standortgerechten Wildstauden angelegten Beete. Ihr Mittelpunkt, der Baumstumpf einer alten Zwetschge. Als praktische Abschlussarbeit von Christinas Weiterbildung ‚Fachperson Biogarten‘ enthalten sie die passenden Pflanzen.
Das untere Beet: Wilde Karde, Schafgarbe, Echte Betonie, Wiesen-Flockenblume
Das obere Beet: Odermenning, blühender Beinwell, Feldwitwenblume, Grosser Wiesenknopf
Als Gestaltungselement und gleichzeitig als Beettrennung fungieren die geflochtenen Weidezäunchen.

Im Garten blüht eine neue, etwa dreijährige Brombeere ohne Stacheln. Sie wuchert nicht und dieses Jahr trägt sie üppig Blüten, was viele Früchte verspricht. Auf der anderen Seite steht eine Wildrose, die der ‚Rosa canina‘ ähnelt. Daneben hat Christina eine Wildbieneninsel mit Sand und Holzstücken ausgelegt. Bis jetzt haben sich kaum Insekten eingenistet. Wahrscheinlich sei es zu feucht, meint die Gärtnerin.  Daneben sitzt der ebenfalls trockene Standorte bevorzugende Natterkopf, der sich nichts desto trotz die letzten Jahre etablieren konnte.

Campanula rapunculoides
Die Acker-Glockenblume, die absolute Lieblingspflanze von Christina. Ihre Blüten schauen alle in die gleiche Richtung und sie blüht im Juni bis September. Dieses Jahr macht sie zum ersten Mal Ausläufer, vermehrt sich. Bis die Pflanze ca. 15 cm Höhe erreicht, wird sie mit einem Kragen vor Schneckenfrass geschützt. Das Wildstaudenbeet hat den für diese Glockenblumen Art benötigten Boden. Eine besondere Eigenart: Wildbienenarten machen in den Blütenglocken ab und an ein ‚Nickerchen‘. (Foto: Ch. Ramsauer)

An der Abgrenzung zur Wiese, stehen die vor etwa vier Jahren gepflanzten  Johannis- und Himbeeren, denen der neue Nachbar, ein sehr hoch gewachsener Beinwell offensichtlich gut tut. Auf der Wiese wachsen Weiden, die von Christina regelmässig gekürzt werden. Die gewonnenen Weidenstecken stützen bald Stangenbohnen und Sonnenblumen im Garten. Das noch nicht zugeschnittene Chinaschilf wird später auf den Wegen zwischen den Beeten ausgelegt. Wirkt hübsch und verhindert ein verschlammen der erdigen Wege.

Bei der heute 26-jährigen Rosmarinstaude, welche Christina zu Beginn ihrer Gartenzeit eingepflanzt hat und die, damit sie aufrecht weiterwächst, regelmässig geschnitten wird, endet der kleine Rundgang in ihrem Garten.